Interview

Unsere Stärke sind die persönlichen Kontakte

Warum ist Vernetzung bei der Stiftungsarbeit so wichtig? Und wie lässt sich Wachstum definieren? Zeit für eine kleine Bilanz. Ein Gespräch mit den beiden Vorständen Stefanie Schuldt und Marcus Buschka über die Entwicklung der Haspa Hamburg Stiftung.

Entwickeln die Haspa Hamburg Stiftung stetig weiter: die Vorstände Stefanie Schuldt und Marcus Buschka Foto: Oliver Hardt

Das Neueste zuerst: Bald steht der Umzug der Haspa Hamburg Stiftung an. Es geht ins neue Deutschlandhaus in der Hamburger City. Was bedeutet das für Sie, Ihr Team – und die Stifter?

Stefanie Schuldt: Zum einen ist der Gänsemarkt in der Innenstadt eine attraktive und repräsentative Adresse. Auch für unsere Kunden ist der Standort zentraler, ein Kundenparkplatz erleichtert zudem die bequeme Anfahrt. Und wir sind in den neuen Räumlichkeiten direkt vernetzt mit allen Abteilungen des Unternehmens, nun sitzen wir auch wieder mit dem Private Banking unter einem Dach.

Marcus Buschka: Der bevorstehende Umzug ins Deutschlandhaus hat uns außerdem zu unserem digitalen Glück gezwungen. Lange erfolgte unsere Buchhaltung noch komplett auf Papier. Jetzt wird alles digital, das ist eine große Herausforderung. Aber es wird gut!

Schuldt: Seit Jahren arbeiten wir daran, unsere Prozesse zu verschlanken. Trotzdem hatten wir Anfang 2023 noch 70 laufende Schrankmeter Ordner. In unseren neuen Büroräumen sind aber gar keine Schränke mehr vorgesehen! Und so ist tatsächlich der Umzug für uns der Hauptimpuls zur Digitalisierung. Dazu muss man wissen: Auch wenn die Haspa unsere Stifterin ist, kann sie nicht auf unsere Daten zugreifen und wir nicht auf ihre. Deshalb brauchten wir ein eigenes Datensystem. Alle bestehenden Ordner wurden 2023 bereits eingescannt und können nun ins Archiv. Sicherlich ist in unserer Zielgruppe nicht jeder komplett digital aufgestellt, aber viele freuen sich, wenn sie die Unterlagen künftig per sicherem Mail-Verfahren erhalten werden. Das macht unsere Abläufe auch schneller.

Blicken wir auf die Anfänge zurück: 2005 wurde die Haspa Hamburg Stiftung gegründet. Wie bewerten Sie die Entwicklung der vergangenen 18 Jahre?

Schuldt: Wir haben ganz klein angefangen, ich sage jetzt mal, mit einer „Standard“-Stiftung. Ein Stiftungsfonds ab 25.000 Euro und eine Treuhandstiftung ab 100.000 Euro – so sind wir losmarschiert. Im Laufe der 18 Jahre hat sich vieles aus dem ursprünglich starren Rahmen weiterentwickelt.

Buschka: Das Konstrukt der Treuhandstiftung ist rechtlich gesehen komplex. Anders als bei einer selbstständigen Stiftung sitzt hier immer ein Treuhänder im Hintergrund, der sich um alles kümmert, auch im Todesfall und bei der Nachfolgeregelung. Wir haben das nötige Know-how und die Glaubwürdigkeit. Und heute sind wir in der Lage, komplexe Stiftungen auch mit hohem Millionenvolumen zu verwalten. Sonderthemen und andere Vermögenswerte können wir integrieren: Immobilien, Bautätigkeiten, geschlossene Beteiligungen, die Möglichkeit von Zustiftungen. Wir sind auch deutlich flexibler, die Treuhandstiftung von der Stange haben wir weiterentwickelt: Manche Stifter machen ihre Vermögensanlage selbstständig, die Zwecke können im Laufe der Jahre modelliert werden. Wir schauen uns an, was für die jeweilige Stiftung wichtig und richtig ist. Das ist unsere Philosophie, und damit identifiziert sich hier jeder tausendprozentig.

Das neue Zuhause der Haspa Hamburg Stiftung: das Deutschlandhaus am Gänsemarkt Foto: ABG Real Estate Group

Sie haben heute mehr als 350 Stiftungen unter Ihrem Dach – aber die Entwicklung lässt sich sicher nicht nur quantitativ belegen.

Buschka: Eine Entwicklung umfasst immer Inhalt sowie Zahlen und Fakten. Anfangs wollten wir schlicht den Haspa-Kunden die Chance ermöglichen, Gutes zu tun. Der Grundgedanke hat sich dann enorm entfaltet: Unsere Stifterfamilie ist entstanden. Mittlerweile laden wir auch Stifter ein, mit uns gemeinnützige Organisationen aufzusuchen – unsere Stärke sind die persönlichen Kontakte, verwalten kann jeder.

Wie muss man sich einen Stifter, eine Stifterin vorstellen?

Buschka: Ich habe die Statistiken nie ausgewertet, aber es heißt eigentlich immer, Stiften ist weiblich. De facto sind Stifter tatsächlich ältere Menschen, und Frauen leben länger als Männer. Sie sind eher kinderlos, aber nicht ausschließlich.

Schuldt: In der Regel sind es Menschen, die ihr Leben lang etwas Gutes getan haben. Jemand, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, der kommt nicht auf die Idee, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Dieser selbstlose Gedanke, dass man der Gesellschaft etwas zurückgeben möchte, zeichnet unsere Stifter aus.

Das Gesamtstiftungskapital beträgt mehr als 200 Millionen Euro. Die von der HHS gegründeten Stiftungen haben davon über 30 Millionen an mehr als 500 gemeinnützige Einrichtungen ausgeschüttet. Ist soziales Leben ohne Stiftungen undenkbar?

Buschka: Die Gemeinwohlorientierung gehört für mich zwingend zu einer Gesellschaft dazu. Damit meine ich nicht nur das Finanzielle, sondern auch das Engagement. Auch wir haben Ehrenamtliche, die uns unterstützen und ohne die es nicht ginge.

Wie sprechen Sie potenzielle Stifter an?

Buschka: Das ist definitiv kein Selbstläufer. Vielleicht ist eine Spende leicht zu generieren, aber eine Zustiftung, und das von Todes wegen, also per Testament, das ist die Königsdisziplin. Da ist die persönliche Ansprache entscheidend, Sie müssen ja Vertrauen aufbauen.

Schuldt: Wir haben inzwischen mehrere Wege etabliert: einmal unsere neu gestaltete informative Website. Dann haben wir das Haspa-Netz, die Mitarbeitenden leiten interessierte Kunden an uns weiter. Außerdem positionieren wir die Stiftung in ausgewählten Medien und erzählen die Geschichten unserer Stifter. Damit wollen wir bewusst vermögende Stifter ansprechen und auch schauen, ob wir unsere Zielgruppe verjüngen können. Aber der Schlüssel zum Erfolg ist der direkte Kontakt – zum Beispiel bei unseren Veranstaltungen, die zweiteilig aufgebaut sind: Zuerst referiert ein Jurist aus dem Private Banking der Haspa über die Finessen der Testamentsgestaltung, dann erzählen unsere Stifter, wie Stiften geht. Der Fokus liegt hier auf dem Vernetzungsgedanken, deshalb laden wir inzwischen auch gemeinnützige Organisationen ein, die sich auf einem Marktplatz präsentieren und sich untereinander oder mit den potenziellen Stiftern vernetzen können.

Diese Events wollen Sie weiter ausbauen?

Schuldt: Vernetzung ist den Teilnehmern am wichtigsten. Unsere Veranstaltungen „Stiften erlebbar machen“ und gemeinsame Besuche bei geförderten Organisationen finden im Schnitt alle zwei Monate statt. Und einmal im Jahr richten wir unser Stiftungstreffen aus. Da lassen wir uns immer etwas Besonderes einfallen: Zuletzt waren wir in der Kunsthalle, und alle Interessenten konnten im Anschluss die Ausstellung besuchen. Wir haben inzwischen das Familientreffen, wie wir es auch nennen, geöffnet und laden auch Menschen ein, die noch keine Stifter sind. Kommunikation ist einfach das A und O, auch beim Stiften.