Tierschutz als Stiftungszweck

Wenn Tierliebe keine Grenzen kennt

Meryem Günther und ihre verstorbene Tante Gerda waren eng verbunden und gründeten zusammen unter dem Dach der Haspa Hamburg Stiftung eine Einrichtung zum Wohle von Tieren. Dafür macht sich die Hamburgerin jetzt doppelt stark.

Die kleine Igeldame auf Meryem Günthers Schoß mag einfach nicht fressen. Sie wiegt nur so viel wie ein Apfel und hat sich zu einer stacheligen Kugel zusammengerollt. Die Spritze mit Aufbaufutter, die Meryem Günther ihr anbietet, beachtet sie nicht. Dabei bräuchte das Tier dringend eine Stärkung. „Die kleine Igelin war in einem erbärmlichen Zustand, als ich sie gestern aus Dithmarschen abgeholt habe. Eine befreundete Tierschützerin hatte das hilflose Tier auf einer Wiese gefunden und mich angerufen“, erzählt die Hamburgerin, die im Kreis Steinburg eine Igelpflegestelle betreibt. „Draußen würde sie nicht überleben. Aber Igel sind eine vom Aussterben bedrohte Art, deshalb päppele ich schwache oder verletzte Tiere auf, bis ich sie schließlich auswildern kann.“ Die Igelfreundin versucht es noch einmal mit dem Füttern und streichelt dem Tier sanft über die Stacheln. „Es kann sehr lange dauern, bis ein Igel Vertrauen fasst, sich entrollt und dann frisst. Man braucht viel Geduld. „Und Geduld“, sie lacht, „ist nicht gerade meine Stärke.“

Füttern, pflegen, Wärme geben: Tiere in Not sind auf helfende Hände angewiesen

Igel und Katzen als Mitbewohner
Meryem Günther, die zusammen mit ihrer Tante die MerGer Stiftung für Tier und Natur gegründet hat, hatte schon immer ein großes Herz für Tiere. Seit etwa vier Jahren dient ihr ehemaliges Gästezimmer als Krankenstation für hilfsbedürftige Stachelkugeln. „Igel sind von Natur aus Einzelgänger und müssen daher in separaten Boxen gepflegt werden“, erklärt Günther, die von einer Igelexpertin angelernt wurde. Seither therapiert und päppelt sie ihre Schützlinge, bis diese kräftig genug sind, wieder in ihr natürliches Habitat entlassen zu werden. Angefangen hatte ihr Engagement vor zwölf Jahren im Katzenschutz. Heute ist die Tierliebhaberin stellvertretende Chefin eines Katzenschutzvereines in Nordfriesland, der verwaiste Katzenwelpen aufnimmt, mit der Flasche aufzieht und anschließend in tierliebe Hände vermittelt. Auch leben im Hause Günther mehrere Katzen. So wie der schwarze Kater Monk.

Die Tante als Vorbild
Fast alles in Meryem Günthers Leben dreht sich um Tiere. Damit auch anderen Menschen der Tierschutzgedanke nahegebracht wird, hat sie ein kleines Unternehmen gegründet: Bali-Spiele e.K., um sich einen Kindheitstraum zu erfüllen: Spiele entwickeln und herstellen! Bislang gibt es drei fertige Spiele zu erwerben – ein Hingucker ist das aufwendig hergestellte Brettspiel „Stachelritter“, bei dem die Spieler Wissenswertes über das Leben von Igeln erfahren und welchen Gefahren sie ausgesetzt sind. Inzwischen gibt es auch Leitfäden und Bücher, die Meryem Günther geschrieben hat. „An den Spielen und Büchern arbeite ich außerhalb der Saison“, sagt sie mit einem Zwinkern und meint damit die Monate, in denen keine neuen Katzenwelpen kommen und die Igel im Winterschlaf sind.

Wie kam es überhaupt zu dieser außergewöhnlichen Tierliebe? „Eine wichtige Rolle spielte dabei meine Tante“, erzählt die Spieleentwicklerin, „mit der ich kurz vor ihrem Tod die MerGer Stiftung ins Leben gerufen habe.“

Der Name der MerGer Stiftung setzt sich aus den Vornamen der beiden Frauen zusammen: Meryem und Gerda. „Gerda war die Schwester meiner Mutter, und wir hatten ein besonders inniges Verhältnis – vielleicht auch deshalb, weil meine Mutter gestorben ist, als ich fünf Jahre alt war. Ich wuchs zwar bei meinen Großeltern in Hamburg auf, stand meiner Tante aber immer sehr nahe. Besonders gut ist mir im Gedächtnis, wie sie nach Ausflügen mit dem Naturschutzbund NABU Vogelstimmen nachgemacht hat. Sie konnte richtig gut pfeifen!“ Meryem Günther lächelt bei der Erinnerung an eine fröhliche und begeisterte Tante, die sich in der Natur wohlfühlte. Außerdem wurde Tante Gerda bereits in den 1980er-Jahren Vegetarierin. Ein für die damalige Zeit ungewöhnlicher Schritt, schließlich stand die Tatsache, dass insbesondere die Massentierhaltung zu den wichtigsten Treibern des Klimawandels gehört, nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit, im Gegenteil. In Deutschland stieg der Fleischkonsum in jener Zeit und auch nach dem BSE-Skandal in den 1990ern stark an. „Leider“, sagt Meryem Günther, die sich, inspiriert durch Tante Gerda, schon lange pflanzlich ernährt.

Tierschützerin, Stifterin, Buchautorin: In Meryem Günthers Leben dreht sich fast alles um Tiere

Gemeinsamer Gedanke, ein Ziel
Auch als Meryem Günther erst nach Berlin, dann nach Schleswig-Holstein zog, blieb der Kontakt zu ihrer Tante eng. Sie besuchte sie regelmäßig in Hamburg und holte ihre Tante, als sie pflegebedürftig wurde, an ihren Wohnort im Kreis Steinburg. Da Tante Gerda alleinstehend war, überlegten die beiden Frauen gemeinsam, was mit dem Erbe geschehen solle. „Der Gedanke, eine Stiftung zum Wohle für Tiere und die Natur zu gründen, lag nahe. Und so konnten wir 2019 die Idee umsetzen und unterstützen seitdem Tier- und Naturschutzorganisationen“, berichtet die Marketing-Spezialistin.

Geben und viel zurückbekommen
Meryem Günther ist, begleitet von Kater Monk, zum Herd gegangen und wärmt frisches Futter für die kleine Igelin namens Kirke auf. „Vielleicht war es einfach zu kalt und du wolltest deshalb nicht fressen“, sagt Günther zum Tier gewandt, dann zieht sie die Nahrung erneut in die Spritze. Dieses Mal klappt es. Die Igeldame beginnt zu fressen, erst langsam, dann immer beherzter. „Das ist gut, dann hat sie eine reelle Chance“, freut sich Meryem Günther. Sie sieht so vergnügt und erleichtert aus, dass man versteht: Gutes für Tiere zu tun, ist keine Einbahnstraße.

Tante Gerda:
Inspirationsgeberin und Vertrauensperson der Stifterin